Brigitte Entacher

Eine Frau mit Fußball im Blut

Als Petra mit den Puppen spielte, hatte Brigitte Entacher mehr Papas Fußball im Auge. Mit 33 Spielen Tiroler Fußball-Rekordteamspielerin. (Bild: Rußegger). Es gibt Stationen im Leben eines Sportlers, die sich unauslöschbar einprägen: Bei Brigitte Entacher sind es das erste Meisterschaftsspiel, das erste Länderspiel, das erste Tor in der Nationalmannschaft und letzt¬endlich die bestandene A-Lizenz-Trainerprüfung. Sie darf als erste und einzige Tirolerin Fußballmannschaften beiderlei Geschlechts bis hin zur höchsten Spielklasse, der T-Mobile Bundesliga, trainieren. Die Berechtigung gilt sogar für die Herren-Nationalmannschaft. Zuvor musste sie allerdings während einer vier Semester dauernden Ausbildung in einer Männerwelt ihre Frau stellen. Neben ihr drückte außer vielen bekannten Ex-Fußballstars niemand geringerer als der jetzige FC-Wacker-Tirol-Trainer Stanislaw Tschertschessov die Schulbank. Der Reihe nach: Schon als kleines Kind ließ sie Puppen links liegen und jagte mit ihrem Vater, Heinrich Entacher, im Garten ihres Hauses in Mutters dem runden Leder nach. Mit allergrößter Begeisterung - obwohl sportlich gesehen kaum Land in Sicht war: Damenfußball war zu dieser Zeit eine von der Männerwelt müde belächelte Randsportart. Die ersten Fußballschuhe zeriss sie mit 13 Jahren beim FC Mutters bzw. bei der dann entstandenen Spielgemeinschaft Mutters/Natters. "Ich bin erst mit 15 Jahren zu Wacker Innsbruck gekommen", erinnert sich Entacher. "Der Verein hat seinerzeit mangels heimischer Konkurrenz zwei Jahre lang außer Konkurrenz in der bayerischen Liga mitgespielt." Die ersten Erfolge stellten sich prompt mit dem nicht zählbaren Gewinn der Liga ein. Der Vereinsname wechselte, die Namen der Akteurinnen blieben dieselben: Eine geraume Zeit lang traten die Mädchen unter FK Rum an, danach wurde aus ihnen der FC Tirol, die jüngste Version heißt IAC Tiroler Loden. Den Sprung in die Nationalmannschaft schaffte die geborene Innsbruckerin mit 20 Jahren: Es sollten zwischen 1990 und 2000 33 Spiele im rotweißroten Trikot werden. Damit ist sie Rekordhalterin, denn keine Tirolerin wurde so oft in die Auswahl berufen. Sechs oder sieben Mal, so genau weiß sie es nicht mehr, traf die Mittelfeldspielerin ins Netz der gegnerischen Mannschaft. Im Team erlebte sie Höhen und Tiefen: Als Höhepunkt bezeichnet sie einen 4:3-Sieg über die ewigen Rivalinnen aus der Schweiz - "wie wenn die Männer gegen Deutschland gewinnen" -, der aber auch ein Tiefschlag war: "Wir verpassten nur um ein Tor die Qualifikation für die Fußball-Europameisterschaft", bedauerte sie noch heute. Während bei den Männern ein besserer Landesligaspieler ge- und verhätschelt, ein Bundesligaspieler mit Geld zugeschüttet und ein Nationalspieler auf Händen getragen wird, ist die Situation bei den Mädchen eine ganz andere: Selbst die Einberufung in die Nationalmannschaft brachte außer viel Ehre nichts ein: "Wir bekamen lediglich die Fahrtspesen ersetzt", erinnert sich Entacher. In jüngster Zeit hat sich dies geändert, die Teamspielerinnen erhalten jetzt Punktprämien. Das Ende der Karriere kam mit 32 Jahren nicht nur zu früh, sondern auch schmerzhaft. "Eine Knieverletzung zwang mich zum Aufhören", erzählt sie. Die Liebe zum Fußball ließ sie den Weg zum Trainer einschlagen: 2002 schaffte sie in Innsbruck die für die unteren Klassen geltende B-Lizenz, im Vorjahr nach Kursbesuchen in Schileiten und Lindabrunn die eingangs erwähnte A-Lizenz. Darüber hinaus gibt es noch die Befähigung des Europäischen Fußballverbandes (UEFA), die Entacher aber nicht anstrebt. "Ich habe nicht die Absicht, ins Ausland zu übersiedeln." "Mein Ziel ist es, neben meinem Beruf als Röntgentechnische Assistentin eine Damenmannschaft zu trainieren. Es würde meiner Weiterbildung und Erfahrung sicher nützen, ein oder zwei Jahre mit einer Juniorenmannschaft zu arbeiten." Die Zeichen sind günstig, ist die Tirolerin doch mit Monatsbeginn aus privaten Gründen in die Millionenstadt Wien übersiedelt, wo das Betätigungsfeld wesentlich größer ist als hierzulande. Was sie sich neben einen Job im Fußball noch wünscht: "Ich würde begrüßen, wenn die Akzeptanz des Damenfußballs steigt." Zwar sind die Zeiten, in denen die Mädchen von der Männerwelt ausgelacht und sogar verhöhnt wurden, vorbei, dennoch stehen sie im Schatten der Männer. Wohl wissend, dass das Interesse nur mit steigendem Können und den damit verbundenen Erfolgen zunimmt. "Unsere Vorbilder sind Weltmeister Deutschland sowie die skandinavischen Länder, wo es eine Reihe von ausgezeichneten Kickerinnen gibt", bekennt sie. "Ihr Niveau zu erreichen, dauert aber sicher noch einige Jahre." Steckbrief: Brigitte Entacher wurde am 21. November 1970 in Innsbruck geboren, wuchs aber in Mutters auf. Nach der Hauptschule besuchte sie das Bundesoberstufengymnasium in Innsbruck. Nach zwei Jahren Medizinstudium folgte die Ausbildung zur Röntgentechnischen Assistentin. Beruflich war sie in Tirol und in der Schweiz tätig. Anfang Oktober übersiedelte sie nach Wien. Erste Schritte auf dem Trainerparkett unternahm sie als Nachwuchsbetreuerin beim IAC, danach folgte ein Jahr lang eine Schulmannschaft. Zuletzt war sie für die Mädchenmannschaft von Blauweiß Feldkirch verantwortlich.

Quelle: www.tirol.com (17.02.2006)